Ein Planet und seine „Verbraucher“

Wir nennen uns „Verbraucher“ – denn während wir leben, verbrauchen wir Dinge. Tagtäglich. Dinge, die wir aus dem Material dieses Planeten mithilfe unserer selbstausgedachten Maschinen und menschlichem Beitrag, Arbeit genannt, her-stellen.

Wir „verbrauchen“ unseren Planeten, der uns in Jahrmillionen hat auf sich wachsen lassen, innerhalb von Jahrhunderten. Weil die Evolution uns klug und mechanisch geschickt gemacht hat. Weil wir gierig nach Genuss sind. Und mit strategischer Intelligenz begabt. Beschränkter Intelligenz allerdings, gemessen etwa an sozial höherentwickelten Spezies wie z.B Ameisen, die uns auf diesem Planeten um das mehrfache an Biomasse übertreffen (von der Zahl gar nicht zu sprechen), aber im Gegensatz zu uns schon Millionen von Jahren hier erfolgreich und so nachhaltig leben, dass der Planet sogar von Ihrem Dasein profitiert.

Unsere geschwindigkeitsverliebte Spezies benutzt für ihre Entscheidungen zwar überaus klug konstruiertes Werkzeug, dessen Hochgeschwindigkeit massenhafter logischer Ja/Nein Entscheidungen schon in Mega-Hertz gemessen werden muss, ist aber bemerkenswert schnell überfordert bei interdependenten Sachverhalten, die mehr als zwei dynamische Variablen zur Beschreibung benötigen. Ganz schwierig wird es bei Netzwerken von Zusammenhängen, bei denen sich hunderte oder tausende von Variablen gegenseitig beeinflussen, wie leider bei fast allem, was für Menschen wirklich wichtig ist. Als da etwa wären: Natur, Gesundheit, Politik, unser eigener Geist, die Gesellschaft – vielleicht auch die Liebe?

Wir sind immerhin auch mit Mitgefühl begabt, und spüren eigentlich genau, dass etwas mit unserer Lebensweise nicht stimmt. Wir haben ein kollektiv schlechtes Gewissen. Wir verstehen, dass wir so nicht weitermachen dürfen, aber auch, dass wir zu klein sind, um etwas zu ändern. Es wirkt so nutzlos, wenn nur einer anders handelt!

In Wirklichkeit sind wir einfach kollektiv süchtig! Eine globale Vereinigung der anonymen Worko- & Konsumoholiker sozusagen! Ist Sucht nicht ein nach Glück suchendes Verhalten, dass in Wirklichkeit selbstzerstörerisch ist, dennoch fortgesetzt wird und davon gekennzeichnet ist, nach anfänglichem Genuss ständig die Dosis erhöhen zu müssen, um auch nur leidensfrei zu bleiben?

Wir haben es geschafft, innerhalb einiger Jahrhunderte eine technische und gesellschaftliche Infrastruktur aufzubauen, die es vielen von uns ermöglicht, mit einem historischen Minimum eigener Mühe oder Wissen zehntausende Dinge zu besitzen und täglich zu ge- und „verbrauchen“.
Wir haben Unmengen früher notwendiger, harter Arbeit überflüssig gemacht! Nun versuchen wir, mit aller Kraft aus diesem Besitz und Verbrauch Glück zu schöpfen – wer sich mit offenen Augen umsieht, findet leider eine Menge Hinweise, dass dies nicht so recht klappen will – aber uns ist kollektiv trotz eifriger Experimente einfach noch keine bessere Lösung eingefallen. „Arbeit“ nennen wir heute unseren Micro-Beitrag zu der der großen Dinge-Erzeugungsmaschine, „Geld“ unsere Tausch-Gutschrift um unseren Anteil ihrer Früchte be-sitzen und ver-brauchen zu dürfen.

Wir haben kollektiv mal einen Zeitlang versucht, dass einfach alles allen gehört, aber es hat nicht geklappt – keiner hatte mehr Lust, etwas Schwieriges zu tun, wenn alle anderen mitprofitieren. Selbst mit diktatorischem Zwang zum „freiwilligen“ Abgeben, Umerziehungslagern, Geheimdiensten und Reise- und Denkverboten klappte es nicht. Etwas in der menschlichen Natur braucht leider, leider den direkten Eigenutz als Antrieb.

Also Kapitalismus

Das klappt schon besser – der Vor- und Antrieb funktioniert immerhin. Leider ein entscheidendes Kennzeichen dieses Systems: Bestimmte Menschen, die sich der Mechnismen der schwer durchblickbaren Wirtschaftmaschine auf besonders kluge Weise zu bedienen gelernt haben, bekommen Tausch-Gutschriften (Miete, Zinsen und Dividenden), ohne zu arbeiten! Oft sogar besonders viel. Diese Anteile müssen natürlich andere erarbeiten – nichts entsteht ja von selbst. Damit das auch weiterhin funktioniert, und auch zukünftig noch Spass macht, muss jedes Jahr mehr hergestellt werden, denn Genuss verfliegt leider schnell, besonders, wenn man nicht dafür gearbeitet hat!
So entsteht der suchtartige Zwang zum immer mehr…

(siehe auch diesen Stern-Artikel: „Zum Wachstum verdammt“)

Schnell entstand an der durch die Aufräumarbeiten der Aufklärung  verwaisten Stelle ein neuer, etwas eigenwilliger Gott: das Wirtschaftswachstum, das, lebenswichtig und unsichtbar, sich von einer mysteriösen Größe nährt, die man Konjunktur nennt: Niemand versteht so ganz genau, worum es sich handelt, aber es muss sich um eine Art schlecht konstruierten Verbrennungsmotor handeln (Motoren liegen unserer Spezies irgendwie im Blut) – er stottert seit seiner Erfindung und Installation als Herz unserer Gesellschaft in regelmäßigen Abständen und muss dann mit besondere Anstrengungen „angekurbelt“ werden (eine Art schamanischer Beschwörungstechnik).
Er läuft seinem Mythos zufolge nur dann dauerhaft, wenn er jedes Jahr schneller läuft und mehr Treibstoff verschlingt – wahrlich ein Glaube, den nur eine hochentwickelte menschliche Intelligenz erschaffen konnte! Investitionen in soziale oder ökologisch wertvolle, aber ansonsten „unproduktive“ Gesellschaftsbereiche (oder auch nur Verhandlungen darüber) sind Gift für seine Laufruhe und würgen ihn in Windeseile ab. Es ist in der Tat ein sensibler und eifersüchtiger Gott – an seinem Altar müssen regelmäßig  sekundäre, veraltete Werte wie Gesundheit, Bildung, intakte Natur, Familie, innerer und äußerer Frieden, Demokratie und Gerechtigkeit niederknien und schmerzhafte Opfer durch Selbstbeschneidung bringen, sonst droht er sofort an Umdrehungszahlen zu verlieren – und damit unser aller Existenz zu gefährden.

Es ist faszinierend und deprimierend, wir glauben trotz aller uns selbst zugeschriebener Intelligenz als Homo sapiens sapiens verzweifelt an die Alternativlosigkeit dieses Systems, das  erzeugen soll, was wir zum einem guten Leben brauchen, und uns in der gelebten Realität stattdessen atemlos, gestresst und voller Unfrieden und Angst zurücklässt. Seit dem ökologischen Bewusstseinswandel noch ergänzt durch das Schuldbewusstsein, unseren Wohnplatz im Universum für uns und unsere Kinder sehenden Auges unbewohnbar zu machen.

Wir haben dieses System geschaffen, optimieren und reparieren es mit Hingabe, viel Geld, Zeit  und Aufmerksamkeit, opfern ihm unser halbes oder ganzes Leben, aber wir verstehen nicht, warum es einfach nicht funktioniert? Vielleicht suchen wir den Fehler an der falschen Stelle?

Ein wichtiger Grund, weshalb wir einen Überblick, der uns befreien könnte, nicht gewinnen, ist unsere Neigung, im Netzwerk des Geschehens Schuldige zu suchen und zu finden. Um diese dann mit Verve anzuklagen – und in der Folge untätig bleiben zu können – schließlich liegt es ja an denen da! 
Das funktioniert in alle beliebigen Richtungen: Für den Steine werfenden Autonomen ist es der Staat, vertreten durch die Polizei. Für die Linken sind es die Rechten und umgekehrt. Für den Unternehmer ist es der Staat, vertreten duch den Finanzbeamten oder die Politiker. Oder die Gewerkschafter, die die Arbeitenden vertreten. Für die Politiker sind es die unverantwortlichen Unternehmer. Für den Verbraucher sind es die anonymen Großkonzerne, die die Umwelt verschmutzen. Für die Autoindustrie ist es der Verbraucher, der keine Ökoautos nachfragt. Für die Philosophen der mediale Ungeist. Für die einfachen Gemüter die Großkopferten da oben. Wie gesagt, 2 Variablen schaffen wir im allgemeinen.
Kaum jemandem gelingt es, zwei Schritte zurückzutreten, um das ganze Bild, die Verknüpfungen und Abhängigkeiten in den Blick zu nehmen.

Jeder dreht so mit beschränkter Perspektive und Haftung nach Kräften an den Stellschrauben, die aufgrund seiner sozialen Position für ihn sichtbar und erreichbar sind, und aus der Summe der Kräfte, mit denen er seinen persönlichen Vorteil sucht, entsteht und lebt, unterbrochen von gelegentlichen katastrophalen Zusammenbrüchen wie Kriegen und Wirtschaftskrisen (warum nur?), unsere aktuelle Gesellschafts- und Wirtschaftsform des 20sten und 21sten Jahrhunderts in all ihrer erschreckenden Unvollkommenheit.

Passend zum oben beschriebenen Götzenbild gibt es eine Art Kult- und Glaubensgemeinschaft, die das Mantra „Der freie Markt regelt es automatisch optimal für alle Beteiligten“ zu Ihrem Bekenntnis erhoben hat. Wie in früheren Zeiten einer flachen Erde, über die der aufgeklärte Mensch von heute den Kopf schüttelt,  frönt ein maßgeblicher Teil der gesellschaftlichen Akteure trotz täglichem Gegenbeweis einer durch die Wirklichkeit längst widerlegten Weltanschauung.

Mit der Basisausstattung eines 2 Variablen-Verstandes lebt es sich so am entspanntesten. Stimmt die Prognose nicht mit der Wirklichkeit überein, lässt sich doch in aller Regel ein Schuldiger identifizieren … und feststellen, dass ich als Einzelner sowieso nichts ändern kann.

So, das musste mal raus…
Meine geneigten Leser finden meine Worte möglicherweise doch etwas übertrieben? Lehnen Sie sich zurück, und geniessen Sie hier das märchenhafte Szenario, medial leicht verständlich aufbereitet, nochmals in einfachen Bildern (Quelle: Utopia.de):


Story of Stuff – German from UTOPIA AG on Vimeo.

Was wäre, wenn wir selbst Produkte herstellen könnten?

Die Idee von Wissen, das geteilt und gemeinsam weiterentwickelt wird, statt es Privatbesitz zu nehmen und mit allen Mitteln abzuschotten, hat unsere Welt bereits verändert: das Prinzip Open Source.

Monopolisiertes und kontrolliertes Wissen a la Microsoft versus gemeinschaftlich entwickelter Nutzanwendung, die via Internet allen zugute kommt  wie etwa bei Open Office – die letzten Jahre haben gezeigt, welcher Ansatz Zukunft hat. Der Goliath Microsoft sieht mittlerweile Open Source Software als eine ernstzunehmende Bedrohung seines Geschäftsmodells an.

Dass heute so komplexe Werkzeuge von hunderten freiwillig Engagierten, die über die ganze Welt verstreut sind, entwickelt und gepflegt werden können, ist für sich genommen schon höchst erstaunlich. Dass die Ergebnisse jedem, der sie herunterladen, installieren und nutzen kann, umsonst zur Verfügung stehen, ist ein völlig neuer Schritt für die Menschheit: die Wissensdividende wird sofort und ohne Bürokratie oder Gewinnabschöpfung durch Privilegierte weiterverteilt. Diese Entwicklung der letzten Jahre im Rahmen der Softwareentwicklung zu beobachten, hat mich fasziniert, und ich werde das sichere Gefühl nicht los, dass sich hier eine Umwälzung unserer Gesellschaft  anbahnt, die in ihrer Bedeutung massiv unterschätzt wird.

„Wissen ist das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn es geteilt wird“ hat ein weiser Mensch einmal gesagt – das könnte sich demnächst erweitern. Das spannende Projekt „RepRap“ ist ein Keim, aber einer, aus dem Großes wachsen könnte. Es handelt sich um einen 3D-Drucker, also ein an einen Computer angeschlossenes Gerät auf dem Schreibtisch, das Dinge ausdrucken kann, so wie wir es gewohnt sind, Briefe auf unserem Laserdrucker ausdrucken zu können.

Noch ist das Gerät sozusagen in der beta-Phase – aber  es hat bereits die revolutionäre Fähigkeit, alle seine gerätespezifischen Teile aus Kunststoff selbst herstellen zu können. Ergänzt mit ein paar handelsüblichen Schrittmotoren und Gewindestangen für ca. 500$ ist es möglich, dass der RepRap sich quasi selbst dupliziert. Selbstverständlich unter Zugabe von etwas menschlich-handwerklichem Geschick.

Die Form-Daten der Teile und Bauanleitung sowie die notwendige Software stehen im Internet zum Download bereit, das Gerät steht unter der bekannten Opensource-Lizenz GPL. Jede(r) Interessierte kann dieses Wissen abrufen und ein mit etwas Engagement ein eigenes Gerät bauen. Die Erfinder ermutigen sogar dazu, als erstes ein weiteres Gerät für einen Freund nachzubauen. Kommerzielle Geräte vergleichbarer Leistung kosten etwa 30.000 Eur.

Als Rohmaterial verwendet der RepRap weiße Kunststoff-Litze, er arbeitet im Prinzip wie eine computergesteuerte Heißklebepistole. Noch kann der RepRap nur maximal handspannengroße Teile aus weissem Plastik herstellen, das aber ein bemerkenswerter Präzision, wie das folgende Video zeigt:

 

Das Prinzip ist natürlich vielseitig ausbaubar – die ersten Laserdrucker konnten schliesslich auch nur schwarzweiss. Die Erfinder arbeiten bereits an einem weiterentwickelten Modell mit mehreren Druckköpfen, so dass leitendes und isolierendes (und verschiedenfarbiges) Material gedruckt werden kann, und damit notwendige Leiterplatten für elektronische Schaltungen gleich in das Ziel-Produkt mit einarbeitet.

Das Spannende: da Weiterentwicklungen ebenfalls per Software-Download  nach dem Austesten allen zur Verfügung gestellt können, kann jeder sein eigenes Gerät durch Teile-Austausch oder Ergänzung „updaten“, um ihm verbesserte/gewünschte Fähigkeiten zu geben.

Die interessante Frage ist für mich die soziale Auswirkung: was würde mit unserer bisherigen Wirtschaftsform geschehen, wenn das „Sachenmachen“-Monopol der Großindustrie plötzlich fällt? Wenn Produktionsmittel für viele Dinge des Alltagsgebrauchs sich vervielfältigen liessen, und damit tendenziell in Allgemeinbesitz übergehen würden? Ganz ohne Revolution? Bzw. durch eine sanfte Wissens-Austausch-Revolution?

Der Philosoph und Querdenker Fridjof Bergmann hat sich übrigens zu diesem Thema unter dem Begriff „neue Arbeit“ interessante Gedanken gemacht.

Weitere Videos zum RepRap gibt es hier bei SLtalk
Hier geht es zum Blog der RepRap Builders für technisch Interessierte.

Der Schlüssel zur Veränderung: überall verfügbare Transparenz der ökologischen und sozialen Produkt-Nebenwirkungen

Vorschlag, um unsere Konsum-Welt wirksam positiv zu verändern und soziale und ökologische „Nebenwirkungen“ von Produkten endlich transparent zu machen:

Man nehme:

1. Eine handelsübliche Website mit Datenbank aller Produkte, weltweit erreichbar, auch per Handy. Es handelt sich um eine prinzipiell für jeden Bürger offene Webseite ähnlich Wikipedia, bei der jeder  (nach identitätsbeglaubigter Registrierung) mitarbeiten und Produkteinträge anlegen kann. Auch die Firmen können und sollen Ihre Produkte und Informationen zu  ihren Produkten einstellen. Nur können diese Informationen durch Informationen von dritter Seite ergänzt bzw. korrigiert werden.

2. Eine kleine Software, die über die Handycam einen beliebigen Produkt-Strichcode scannt und den Code in die Produktkennziffer übersetzt (Luxusversion). Für einfache Handys muss man den Code als Zahl abtippen und eine SMS an eine bestimmte Nummer senden – man erhält sofort die Antwort als SMS zurück. Der Code wird an die Datenbank gesendet, selektiert das zugeordnete Produkt und gibt den produktspezifischen Ethik- und einen Öko-Index zum Produkt zurück bzw. zeigt ihn als farbig codiertes Logo. Ich sehe als Kunde direkt vor meiner Kaufentscheidung, welche versteckten Allgemeinkosten dieses Produkt meiner Umwelt und meinen Mitmenschen abverlangt hat und kann fundiert vergleichen und nach meinem Gewissen entscheiden, statt hilflos irgendwelchen werbegenerierten Markeneigenschaften zu vertrauen. Es gibt wenige von uns, denen das alles egal ist, und wenige, die existenziell gezwungen sind, immer das Billigste zu nehmen. Wir können bisher einfach nicht erkennen, was die Ware in unserer Hand schon „auf dem Kerbholz“ hat, und das ist Absicht.

3. Entscheidend ist natürlich, wie und durch wen diese abgerufene Bewertung entsteht. Sie muss unabhängig und vertrauenswürdig sein, alle wichtigen sozialen und ökologischen Faktoren in einem sinnvollen Verhältnis beinhalten, und Sie muss aktuell und produktspezifisch sein. Sie wäre also am besten das gemeinsame Werk von uns allen, von verschiedensten, weltweit verteilten, engagierten Menschen, die alle ihnen zugänglichen Quellen genutzt haben, um die ökologisch, ökonomisch, ethisch wirklich wichtigen Eigenschaften des Produktes zu recherchieren, zusammenzutragen und zu bewerten. Ergänzt wird das durch Gutachten von unabhängigen Fachleuten, z.B für Schadstoffuntersuchungen. Wichtig: Es geht hier nicht um Meinungen, sondern kondensierte Fakten, die in den Indizes ihren Ausdruck finden. Die Indizes stellen eine Maßzahl für die sozialen und ökologischen Kosten des Produktes dar, wie der Preis für seine wirtschaftlichen Herstellungskosten steht. Die recherchierten Hintergrund-Informationen und deren Quellen sind für Interessierte öffentlich einsehbar dokumentiert, ebenso das Zustandekommen der Indexzahl und die Gewichtung der Einzelinformationen.

Die betreibende Organisation wäre idealerweise eine unabhängige NGO (Nicht-Regierungsorganisation), gemeinnützig und rein spendenfinanziert. Sie beschäftigt unabhängige Wissenschaftler für Analysen und gute Rechtsanwälte, die sie gegen – sicher zu erwartende – Manipulationsversuche der Konzerne verteidigt. Außerdem installiert sie eine  durch die Verbraucher gewählte, richterähnliche Instanz von ausgewiesenen und respektierten Fachleuten verschiedener Gebiete, die die vorliegenden Informationen prüft, gegeneinander abwägt, einschätzt und eine verbindliche Bewertungsentscheidung trifft.  Die Entscheidungssitzungen über Grundgewichtungen wären ähnlich einer Gerichtsverhandlung öffentlich, und könnten inkl. der Plädoyers der Produkt- Umwelt und Sozialanwälte per Video abrufbar zur Verfügung stehen!) Die verabschiedete Gewichtungsverteilung bleibt gültig bis zu einer Revision aufgrund wesentlich neuer, tragfähiger Informationen. Eine wichtige Stimme hätten in diesem Prozess auch die Verbraucher selbst durch direkte online-Beteiligung, so kann – bei für Laien erkennbare Eigenschaften wie Haltbarkeit und Bedienbarkeit – in produktspezifischen Umfragen Feedback von Nutzern gesammelt werden.

Viele Entscheidungen und Gewichtungen betreffen eine große Anzahl von Produkten (zB. die Einschätzung der sozialen Randbedingungen oder ökologischen Nebenwirkungen der Fertigung oder den Öko-Kosten der genutzten Transportmittel), so dass nicht für jedes Produkt entschieden werden muss, sondern nach Erfahrungswerten bestimmte Kategorien und Algorithmen für bestimmte Produkt- und Produktions- und Transportarten benutzt werden können, um angemessene Öko- oder Ethik-Indizes zu generieren. Ändert sich etwa die toxikologische Einschätzung eines Zusatzstoffes, genügt die Änderung eines einzigen Faktors in der Datenbank, um sämtliche betroffenen Produkte zu aktualisieren. Die Folge: Wechselt der Hersteller nachweislich von einem ausbeuterischen Sweatshop der Stufe -5 zu einem verantwortlicherem Dienstleister mit -1,   oder er steigt für die Produkttransporte vom LKW auf die Bahn um, verbessert sich sofort und weltweit sein Score – und in der Folge sein Umsatz! Dieses Argument wirkt mit Sicherheit – auch bei ethisch eher robusten Unternehmerpersönlichkeiten!

Erst wenn die Information über bisher verborgene Produkteigenschaften im Geschäft praktikabel und vertrauenswürdig zugreifbar ist, kann der bewusste Konsument anfangen, tatsächlich seine oft zitierte „Abstimmung mit dem Geldbeutel“ ausüben – ohne unabhängige Information gibt es (genau wie in der politischen Demokratie) keine echte Wahl. Mit einem solchen System entstünde ein positiver Wettbewerb um preisgünstige und umwelt- und sozialverträgliche Waren, und zwar nicht nur in Nischen wie in 3. Welt-Shops, sondern in der Breite der gesamten Gesellschaft.

Natürlich ist die Entwicklung der Indizes eine anspruchsvolle und komplexe Aufgabe, aber es spricht nichts dagegen, mit einfachen Modellen zu beginnen und sie mit der wachsenden Erfahrung im laufenden Betrieb auszubauen und zu differenzieren.

Wer hätte vor 10 Jahren ein für jeden zugängliches, vielsprachiges und tiefgründiges Gratis-Lexikon wie die Wikipedia für möglich gehalten? Wenn wir das können und es um unser Überleben auf diesem Planeten geht, können wir sicher auch das not-wendige Wissen um unsere Produkte allen verfügbar machen!

Das Gute: nichts an der Idee ist wirklich utopisch – sie kann nach den Vorbildern von Greenpeace oder amnesty mit den heutigen Mitteln und Möglichkeiten umgesetzt werden, wenn wir ihre Not-Wendigkeit erkennen.

Noch besser: Ein guter Teil dieser Idee wurde bereits umgesetzt – schaut euch mal Codecheck an:
www.codecheck.info
Oder das hier:
Neuester Trend: CO2-Deklaration für Lebensmittel