Was wäre, wenn wir selbst Produkte herstellen könnten?

Die Idee von Wissen, das geteilt und gemeinsam weiterentwickelt wird, statt es Privatbesitz zu nehmen und mit allen Mitteln abzuschotten, hat unsere Welt bereits verändert: das Prinzip Open Source.

Monopolisiertes und kontrolliertes Wissen a la Microsoft versus gemeinschaftlich entwickelter Nutzanwendung, die via Internet allen zugute kommt  wie etwa bei Open Office – die letzten Jahre haben gezeigt, welcher Ansatz Zukunft hat. Der Goliath Microsoft sieht mittlerweile Open Source Software als eine ernstzunehmende Bedrohung seines Geschäftsmodells an.

Dass heute so komplexe Werkzeuge von hunderten freiwillig Engagierten, die über die ganze Welt verstreut sind, entwickelt und gepflegt werden können, ist für sich genommen schon höchst erstaunlich. Dass die Ergebnisse jedem, der sie herunterladen, installieren und nutzen kann, umsonst zur Verfügung stehen, ist ein völlig neuer Schritt für die Menschheit: die Wissensdividende wird sofort und ohne Bürokratie oder Gewinnabschöpfung durch Privilegierte weiterverteilt. Diese Entwicklung der letzten Jahre im Rahmen der Softwareentwicklung zu beobachten, hat mich fasziniert, und ich werde das sichere Gefühl nicht los, dass sich hier eine Umwälzung unserer Gesellschaft  anbahnt, die in ihrer Bedeutung massiv unterschätzt wird.

„Wissen ist das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn es geteilt wird“ hat ein weiser Mensch einmal gesagt – das könnte sich demnächst erweitern. Das spannende Projekt „RepRap“ ist ein Keim, aber einer, aus dem Großes wachsen könnte. Es handelt sich um einen 3D-Drucker, also ein an einen Computer angeschlossenes Gerät auf dem Schreibtisch, das Dinge ausdrucken kann, so wie wir es gewohnt sind, Briefe auf unserem Laserdrucker ausdrucken zu können.

Noch ist das Gerät sozusagen in der beta-Phase – aber  es hat bereits die revolutionäre Fähigkeit, alle seine gerätespezifischen Teile aus Kunststoff selbst herstellen zu können. Ergänzt mit ein paar handelsüblichen Schrittmotoren und Gewindestangen für ca. 500$ ist es möglich, dass der RepRap sich quasi selbst dupliziert. Selbstverständlich unter Zugabe von etwas menschlich-handwerklichem Geschick.

Die Form-Daten der Teile und Bauanleitung sowie die notwendige Software stehen im Internet zum Download bereit, das Gerät steht unter der bekannten Opensource-Lizenz GPL. Jede(r) Interessierte kann dieses Wissen abrufen und ein mit etwas Engagement ein eigenes Gerät bauen. Die Erfinder ermutigen sogar dazu, als erstes ein weiteres Gerät für einen Freund nachzubauen. Kommerzielle Geräte vergleichbarer Leistung kosten etwa 30.000 Eur.

Als Rohmaterial verwendet der RepRap weiße Kunststoff-Litze, er arbeitet im Prinzip wie eine computergesteuerte Heißklebepistole. Noch kann der RepRap nur maximal handspannengroße Teile aus weissem Plastik herstellen, das aber ein bemerkenswerter Präzision, wie das folgende Video zeigt:

 

Das Prinzip ist natürlich vielseitig ausbaubar – die ersten Laserdrucker konnten schliesslich auch nur schwarzweiss. Die Erfinder arbeiten bereits an einem weiterentwickelten Modell mit mehreren Druckköpfen, so dass leitendes und isolierendes (und verschiedenfarbiges) Material gedruckt werden kann, und damit notwendige Leiterplatten für elektronische Schaltungen gleich in das Ziel-Produkt mit einarbeitet.

Das Spannende: da Weiterentwicklungen ebenfalls per Software-Download  nach dem Austesten allen zur Verfügung gestellt können, kann jeder sein eigenes Gerät durch Teile-Austausch oder Ergänzung „updaten“, um ihm verbesserte/gewünschte Fähigkeiten zu geben.

Die interessante Frage ist für mich die soziale Auswirkung: was würde mit unserer bisherigen Wirtschaftsform geschehen, wenn das „Sachenmachen“-Monopol der Großindustrie plötzlich fällt? Wenn Produktionsmittel für viele Dinge des Alltagsgebrauchs sich vervielfältigen liessen, und damit tendenziell in Allgemeinbesitz übergehen würden? Ganz ohne Revolution? Bzw. durch eine sanfte Wissens-Austausch-Revolution?

Der Philosoph und Querdenker Fridjof Bergmann hat sich übrigens zu diesem Thema unter dem Begriff „neue Arbeit“ interessante Gedanken gemacht.

Weitere Videos zum RepRap gibt es hier bei SLtalk
Hier geht es zum Blog der RepRap Builders für technisch Interessierte.

Eine Antwort auf „Was wäre, wenn wir selbst Produkte herstellen könnten?“

  1. Ich habe mich schon immer gefragt, was all die kreativen Köpfe gemacht haben, als das meiste allgemeine Wissen noch schön institutionalisiert und der Weg zum Wahrgenommenwerden ausschliesslich über Posten, Titeln und Professuren zu erklettern war.

    Als wir das Wissen mit dem weltweiten Netz wieder an uns (zurück) gerissen haben, hat es auch unerwartete Kräfte entfesselt. Ein paar institutionelle historisch bedingte Hürden weniger und schon gibt es Scharen an Willigen, die gerne alles opfern um im Rahmen der eigenen Selbstverwirklichung für die „Menschheit“ zu schaffen …

    Unsere Leistungsgesellschaft mag immer mehr Wissen ohne institutionelle Bestätigung „entstehen“ zu lassen, die neuen Anforderungen an einen Wissensworker sind aber mächtig gewachsen.

    Irgendwie hat es genau den Einen ersten gebraucht, der kein Problem damit hatte, eigene Weisheit ohne „heiligen Hoheitsstempel“ preiszugeben um jeden, der auf diesem Teilwissen partizipiert zum ähnlichen Verhalten zu bewegen.

    In meinem Kopf wird es den Monopol der Großindustrie in manchen Zweigen immer geben – es gibt genügend Wirtschaftszweige, wo das blanke „know-how“ einem nichts nützen wird.

    Nichts desto Trotz kehrt das Wissen IMHO zu seiner Ursprungsform zurück, wo sie nicht mehr an den „Gedankenvater“ festgebunden wird und mit dem auch steht und fällt, sondern zu seiner Natur zurückdarf, als eine weitere Erkenntnis des Gegebenen, das uns die Grundlage für eine weitere Erkenntnis (für eine weitere Erkentnis) bereitet…

    Ich gehe da sogar noch weiter und glaube, dass eben dies der Weg aus der Bredouille mitfinden helfen wird, wenn wir einmal drauf kommen, dass die einzigen Opfer der globalen Wissen- und Produktionsautomatisierung wir selbst sind…

    Ich finde, es schaut durchaus gut aus 🙂

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